Touch mich an - Der iPhone-Hype
Ich kann mich noch so gut daran erinnern... so einige Sätze heisse Ohren hat man im jugendlichen Leichtsinn kassiert, weil man wider aller Vernunft dem Reiz des weiblichen Geschlechts nachgegeben hat und forsch gewagt hat, ein wenig zu tatschen.
[Disclaimer: Die oben verwendeten Formulierungen sind in keiner Weise gedacht, den Leser in seiner (oder ihrer) sexuellen Orientierung, seinem (oder ihrem) Selbstverständnis, Selbstbestimmungs- oder Persönlichkeitsrecht zu stören. Sie sind auch kein Verstoss im Sinne von §1 bzw §7 AGG...] :-D
Kaum allerdings präsentiert ein großer Hersteller aus Cupertino ein neues Produkt, da ändern sich solche Normen schlagartig: Ob es daran liegt, dass man heutzutage aus Gründen der political correctness einen Neuanglizismus einführt und stattdessen "antouchen" sagt? Wie auch immer: Das iPhone als Flaggschiff des "Touch Phones" hat schon lange vor seiner echten Markteinführung einen Paradigmenwechsel bei vielen Herstellern hervorgerufen. Plötzlich muss ein neues Gerät einfach fingerbedienbar sein, es muss eine doppelbonbonige Oberfläche haben (man nehme die Symbole von Windows XP, betrachte sie als schwarz/weiss und koloriere sie nach) und am besten ist es dann noch ultradünn, mit unsichtbaren Knöpfen und schwarz oder weiss.
Ganz fix war dabei HTC mit dem Touch (in Deutschland auch von T-Mobile und O2 vertrieben). Flux wurde ein Windows Mobile-Gerät auf den Markt gebracht und eine neue Kategorie "Touchphone" (neben den bekannten Smartphones und Pocket PCs) propagiert. Allerdings so geschickt, dass jener Hersteller aus Cupertino (wider seiner marktbekannten Abmahnwut) die Füsse still hielt.
[Liebe Apple-Anwälte: Ich sag doch gar nichts. Zumindest nichts, was nicht aus allgemeinen Quellen stammt und nachlesbar ist. Zum Beispiel die Abmahnungen gegen meinen wertgeschätzten MVP-Kollegen Paul oder so gewisse rechtliche Unreinheiten im Zusammenhang mit der Namenswahl. In sofern ist doch gar nix passiert...]
Dabei stellt sich heraus, dass man genau diese Funktionalität wie das dem Touch zugrunde liegende TouchFLO auch auf einem normalen Pocket PC realisieren kann, und das aus meiner persönlichen Sicht noch viel angenehmer als auf dem Touch. MobilityFlow machen es mit Touch Commander vor. Ebenso integrieren Spb Software House in ihre neue Version 4.0 von Pocket Plus eine ähnliche Funktionalität, all das auf einer stabilen Plattform. Ich will jetzt nichts gegen das iPhone-OS sagen (eine einfache Google-Suche zum Thema iPhone und Stabilität gibt einen relativ breiten Überblick über Usermeinungen), aber alleine die Tatsache, dass man sich als Windows Benutzer doch ein wenig schwer tut, eine stabile Synchronisation einzurichten (und die Daten nicht zugrunde zu richten) plus das Fehlen einer Anbindung an einen Exchange Server (die auf einem Mac schon schmerzhaft schwierig ist) werfen die Frage auf, was das iPhone denn nun dem Windows Mobile-Benutzer bedeuten soll.
Funktional ist diese Frage nicht ganz so einfach zu beantworten. Telefon? Gibt´s schon (sogar mit Standarddingen bahnbrechenden Neuigkeiten wie UMTS und gar HSDPA, da kann man im Internet surfen, ohne einzuschlafen ... das würde einem iTunes-Client auch nicht schlecht zu Gesicht stehen). Und nicht nur die Windows Mobile-Konkurrenz macht die Möglichkeiten vor (z.B. mit dem HTC Kaiser/TyTN II), auch Nokia hat erkannt, dass ein integriertes GPS durchaus ein willkommenes Ausstattungsmerkmal sein kann. Die Oberfläche? Das ist eine arg subjektive Sichtweise. Der eine mag sie, der andere nicht, und es gibt Hunderte von Themes und Programmen, die die Standard Windows Mobile-Oberfläche pimpen. Multimediafähigkeiten? Viel flexibler ist das schnelle Kopieren von (legal erworbenen!) eigenen MP3s direkt auf eine Speicherkarte, anstatt jedesmal eine Konvertierung in ein proprietäres Format durchführen zu müssen. Aber halt! Auch Apple wäre ja glücklich, wenn man Musik DRM-frei verkaufen könnte (so verstehe ich zumindest diesen Artikel von Apple-CEO Steve Jobs, auch wenn ich ihn im Gesamtzusammenhang des Themas weniger verstehe als die Worte vernehme).
Da bleibt dann fast nur noch das Design. Und ich gebe zu, dass ich, wenn meine Erinnerung mich nicht trügt, bei jeder iPOD-Generation alleine wegen des Designs schwach geworden bin einen Blick riskiert habe. Verpackung, Gerätedesign und Verarbeitung, man packt es ehrfürchtig aus und hält es wie ein Kleinod in der Hand. Zwei Wochen später allerdings ist diese Freude eher ein wenig getrübt... denn die empfindlichen Oberflächen vorn und die wunderschöne, glänzende Chrom-Rückseite sind wenig alltagstauglich und zeigen schneller Spuren des mobilen Lebens als ein Erstteilnehmer des IronMan-Contest.
Was aber durchaus ein positiver Aspekt ist, ist der Druck, der in all diesen Bereichen auf die Konkurrenz ausgeübt wird. Sei es die gerade schon beschriebene Softwareindustrie, die die Fingerbedienbarkeit von Windows Mobile-Geräten plötzlich zum strategischen Ziel erhebt, sei es die Hardwareindustrie, die wie Global Top mit dem G66 oder HTC mit den Verpackungen der Geräte plötzlich Designs auf den Markt bringen, die man bisher schmerzlich vermisst hat, es ist Bewegung im Markt, die vordergründig dazu dient, einer Bedrohung entgegenzuwirken, die genauer beachtet in der Form gar nicht existiert. Sicher wird der eine oder andere Händler, der das iPhone nicht verkaufen kann, in diesem Weihnachtsgeschäft Umsatz einbüssen, dies wird sich aber bei der Flut der neuen HTC- und HP iPAQ-Modelle schnell wieder relativieren.
Was ich am 9. November mit meinem subventionsfähigen T-Mobile-Vertrag mache, sag ich nicht... :-D
[Disclaimer: Apple, iPhone, iPod, iTunes und einige andere in diesem Text verwendete Begriffe sind Markenzeichen von Apple, Inc. Sollen sie auch bleiben!]
Dieser Beitrag wurde geschrieben von Andreas Erle am Sonntag, 4. November 2007 um 15:10 und eingeordnet unter Blog , Kommunikation , Windows Mobile , Windows Phone .