Guns n´ Roses, Warsteiner HockeyPark, Mönchengladbach
Goldene Zeiten meiner Jugend, ungestörte Rebellion im Lautsprecher... ich kann mich noch an die schrägen Blicke meiner Eltern erinnern, als "Appetite for Destruction" das erste Mal aus den Boxen klang, als "Welcome to the Jungle" die zarten Nerven verstörter Eltern zum Zerreissen spannte. Wie so oft im Sex, Drugs and Rock n´Roll Business nahm der Erfolg irgendwann so schnell ab, wie die Egos der Akteure wuchsen, und Mitte der 90er waren Guns n´ Roses am Ende. Auch wenn noch der eine oder andere Gig in wechselnder Besetzung (immer mit Axl Rose, immer ohne Slash als Gitarrist) stattfand, man verschwand langsam vom musikalischen Horizont.
Erst 2008, als das Album "Chinese Democracy" - leider fast unbemerkt von den Kritikern - auf den Markt kam, war der Name der Band wieder ein wenig häufiger in den Gazetten zu lesen. Axl Rose, die Diva vor dem Herrn, auf Tour mit drei Gitarristen, Bassisten, Schlagzeiger und Keyboarder. Und am 8. Juni 2012 dann auch im Warsteiner Hockeypark in Mönchengladbach zum einzigen Deutschland-Konzert. Nun muss man sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen: Mönchengladbach. Hockeypark (nicht: Borussiapark!). Einziges Deutschland-Konzert. Das konnte nix werden. Oder? :-)
Meinen Augen wähnte ich schon nicht mehr trauen zu können, als wir gegen 18:15 an der Halle waren und sich Schlangen rund um das Gelände zogen... wir natürlich ganz am Ende... :-/ Positiv betrachtet: Dadurch, dass die Bühne quer vor dem Innenraum aufgebaut war, war noch genug Platz übrig und wir ca. 30 Meter von der Bühne entfernt. Durch Pyrotechnik und Lightshow fast die optimale Entfernung.
Schweigen wir über die Vorgruppe. Ja, wir wissen, dass sie Rebel Sons heissen (oder Rebel Suns? oder Rival Songs?:-) ), schliesslich haben sie es ja zwischen jedem der quälenden Stücke mehrfach erzählt. Und ich muss ehrlich sein: Die Jungs der Rival Sons sind sogar gut... nicht umsonst hat Rock Hard ihnen 9/10 Punkten und der Metal Hammer 7/7 Punkten gegeben. Das Pathos eines sterbenden Jim Morrison, das der Sänger an den Tag legte, die unbeleuchtete Bühne und die schier endlosen - technisch genialen - Soli waren einfach falsches Ding an falschem Ort...
Das Wetter, das vorher noch mit Platzregen geglänzt hatte, beherrschte sich auch, in sofern waren die Befürchtungen, dass der Herr Rose eine seiner gefürchteten Auftrittsverweigerungen erleiden würde, nicht ganz so hoch... auch wenn das geneigte Publikum bis 21:45 darauf warten musste, dass die Herren sich dann tatsächlich auch auf die Bühne bewegten.
Ich gebe gerne zu: Ich hatte wenig Erwartungen an dieses Konzert. "Chinese Democracy" gehört zwar für mich zu einer der am meisten unterschätzten Platten, und "November Rain", "Paradise City", "Knocking on Heaven´s Door", "Welcome to the Jungle" und die anderen Klassiker sind eine Bank, mit der man als Band nicht wirklich viel falsch machen kann, aber trotzdem...
Allerdings kann man aus diesem Songmaterial auch richtig was machen, und genau das haben Guns n´Roses gestern gemacht. Hammerlightshow mit Pyrotechnik, drei geniale Gitarristen (inklusive DJ Ahsba, der getrost als eine Inkarnation von Slash genommen werden kann) und ein Axl Rose, der zwar etwas in die Breite gegangen ist, aber seine Stimme noch verdammt gut unter Kontrolle hat und die hohen Töne wunderbar trifft.
Und wenn das Sauerstoffzelt hinter der Bühne steht, dann lässt man einfach all seinen Musikern einen Solo-Slot. Das schont den Sauerstoffhaushalt und macht den Zuhörern auch noch eine Menge Spaß... :-) Zumal die Musiker sichtbar selber eine Menge Spaß mit dem Konzert, dem Songmaterial und der Location hatten. Denn als zusätzliche Überraschung hat der Hockeypark eine hervorragende Akustik... selbst bei einem Open Air.
Okay... ich hätte auf die Situationskomik verzichten können, dass es bei den ersten Takten von "November Rain" leise anfing zu regnen. Und noch mehr hätte ich darauf verzichten können, dass zwei Stücke später ein zehnminütiger Platzregen niederkam, der ALLES durchnässte. Inklusive der Bühnenfront. O-Ton Axl: "Don´t think that I am afraid to get wet. I just want to avoid falling on my leg or shoulder and having to end the tour". Gestattet sei es ihm, dass er sich dann ein wenig weiter hinten aufhielt... :) Nach zwei Stunden und knapp 40 Minuten war das Konzert eigentlich viel zu schnell vorbei (zumal der normale Zugabenblock um vier Stücke gekürzt war). Aber wer spielt heutzutage noch über zwei Stunden?
Ansonsten: Nette Leute, auch die im Moshpit zwei Meter neben uns. Haben sie einen angerempelt und wurden als Dank von uns quer dürch die Menge geschleudert, dann kamen sie in der nächsten Welle zurück mit High Five und einem entschuldigenden Grinsen. Sympathische Neandertaler halt... :-D
Dank der einfallsreichen Golffahrer vor uns, die nach einer halben Stunde Bewegungslosigkeit auf dem Parkplatz hinter uns die Begrenzungspfähle entfernten und so den Weg auf die Bundesstrasse frei machten, waren wir sogar noch knapp vor 02:00 wieder zuhause.
Apropos Parkplatz: Ein Highlight schon am Anfang: Bei Auffahren auf die Parkwiese sortierte ich die diversen Parkscheine, entsorgte die alten und legte nur den vom Borussiapark letzte Woche wieder rein... im Seitenblick auf Christian mit dem Kommentar "Ob der heute wohl anders aussieht?". Parallel dazu kam die Parkwärterin mit gezücktem Block ans Auto: "Fünf Euro... err... wo haben Sie den her?" "Na, den habe ich gerade da vorne schon gekauft... okay, man soll nicht lügen. Letzte Woche vom NATO Musikfest..." ... Pause ... "Na, steckense das Geld weg. Wer ehrlich ist, muss belohnt werden." HA! :-D
Dieser Beitrag wurde geschrieben von Andreas Erle am Samstag, 9. Juni 2012 um 17:30 und eingeordnet unter Blog , Rock and Roll .