Lesetipp: Das Lied von Eis und Feuer/Winterfell (George R.R. Martin)
Ich gebe es zu: Ich bin Fan von bildgewaltigen Bücherserien, und Fantasy dard auch gerne mal sein. Den Herrn der Ringe habe ich im zarten Alter von 12 zu Weihnachten bekommen und verschlungen, Eragon ist eine meiner Lieblingsserien, und auch wenn´s mal etwas einfacheres sein darf, ich bin immer dankbar für Hinweise auf Kandidaten der schwereren Art. Als mein lieber Freund Dirk mir vor einigen Monaten die Winterfell-Serie (Das Lied von Eis und Feuer) von George R.R. Martin empfahl, scheiterte das an der Tatsache, dass es diese nur als old-fashioned Papierbuch gab, und nicht für Kindle und Co.
Das allerdings hat sich jetzt geändert, 8 Bände sind als eBook verfügbar und der neunte folgt noch im Mai. Selten allerdings habe ich einen meiner ältesten und besten Freunde so sehr verflucht! Zuerst deshalb, weil der erste Band unlesbar ist. Martin überfrachtet den Leser mit einer derartigen Detailfülle an Informationen über die Könige der Sieben Königreiche und deren geographischen Eigenarten, dass man gerade mal ein Zehntel versteht. Besser wird es, wenn man verstanden hat, dass jedes Kapitel mit dem Namen des Protagonisten überschrieben ist, mit dem es sich beschäftigt... Aber zugegeben: Die ersten 300 Seiten sind ein zäher Kampf, weil man zwar liest, sich aber konsequent überfordert fühlt.
Am Ende des ersten Bandes (in Deutschland sind die Bücher anders geschnitten als in den USA und kommen in 500-Seiten-Häppchen) war aber zumindest das Interesse noch da, auch den zweiten zu lesen. Und dann kam der zweite Fluch: Am Ende dieses zweiten Bandes kommt ein solcher Cliffhanger, dass ich meinen hehren Anspruch, doch jetzt mal wieder was anderes zu lesen, nicht umsetzen konnte und in einem Wurf die restlichen 7 Bände bestellt habe... und so finde ich mich mitten im dritten Band und kann den Kindle nicht weglegen... :-/
Die Winterfell-Serie zeichnet sich vor allem durch die Detailverliebtheit von George R.R. Martin aus: Jeder Protagonist, um welchen Thron er auch kämpft (und da gibt es genug), und welche Ränke er auch schmiedet, ist auf seine Art sympathisch, nur seine Rahmenfiguren sind es oft nicht. Handlungsstränge werden gewoben, verknüpft, aufgelöst und wieder aufgenommen, man weiss nie, was einen erwartet. Das klingt chaotisch, ist es aber nicht: die Storyline ist konsequent, der rote Faden immer vorhanden und logisch.
Sie lebt auch von der Welt, die Martin zeichnet: Jahrelanger Sommer wird abgelöst von jahrelangem Winter, jenseits der Mauern, die von der Nachtwache bewacht wird, finden sich unsägliche Gestalten und Lebensformen, und genau an der Grenze vom Sommer zum Winter ist die Handlung angesiedelt. Die Angst vor dem einrückenden Dunkel ist allerorts spürbar, ja greifbar, und Martin´s Erzählweise nimmt den LEser gefangen, ob er es will oder nicht.
Nach knapp 1300 gelesenen Seiten würde ich die Serie irgendwo zwischen Tolkiens Meisterwerk und Paolinis Chartbreaker einordnen: Nicht so trocken zu lesen wie Der Herr der Ringe, aber auch nicht so belletristisch wie Eragon. Auf jeden Fall ein Muß, zumindest den ersten Band mal anzutesten, wenn man sich auch nur entfernt für eine Fantasy-Saga begeistern kann...
Dieser Beitrag wurde geschrieben von Andreas Erle am Dienstag, 1. Mai 2012 um 20:00 und eingeordnet unter Blog .