Was COSTAt ein Unglück oder "Nur herausgereedet"?
Herr Wulff soll dem Vernehmen nach (momentan günstig zu habende) Aktien der COSTA-Mutter Carnival PLC gekauft haben... weil diese ihn so wunderbar aus den Schlagzeilen gebracht haben. Ist das dann auch Insiderhandel? :-)
Ohne Spaß: Ein schlimmes Unglück, das bei aller Technik und Automatisierung den Risikofaktor Mensch einmal mehr hervorhebt. Betroffenheit und Mitleid den Opfern, Betroffenen und Angehörigen gegenüber, gar keine Frage. Aber auch hier zeigt sich, mit welcher Vehemenz die Presse Dinge dramatisiert und der Wirksamkeit wegen aufpoliert und ins "rechte" Licht rückt.
Es ist nun nicht unbekannt, dass die "Billigkreuzfahrten", wie sie unter anderem auch COSTA anbietet, nicht zuletzt durch die Größe der Schiffe und in Kombination mit der "Kleinheit" der Kabinen der riesigen Zahl von Passagieren möglich werden. Nicht umsonst ist die Zahl der Passagiere auf dem "Traumschiff" dreistellig, die auf den schwimmenden Hotels deutlichst vierstellig. Das aber ist nicht notwendigerweise ein Faktor, der gegen eine solche Kreuzfahrt spricht.
Auch die "Qualität" des Personals, das - zumindest bei der einen Fahrt auf der COSTA Magica, die ich mitmachen durfte - ist eine andere. Dem Empfinden nach mehrheitlich aus Niedriglohnländern rekrutiert ist der Eindruck ein anderer, als wenn nur wortgewandte, feurige Italiener für den Service zuständig sind, aber auch das ist ein Umstand, den man in Kauf nehmen kann und der das Kreuzfahrterlebnis nicht wirklich einschränkt. Freundlich können die nämlich auch ganz hervorragend, vielleicht nicht immer in einwandfreiem Englisch oder Deutsch, aber nonverbale Kommunikation ist ein mindestens genauso wichtiger Faktor.
Nun liest man allüberall von "unausgebildetem, überforderten Personal", "ausgebrochener Panik", "der Gefahrenquelle Kreuzfahrtschiffe" und mehr. Realistisch: von 4229 Personen an Bord sind - die Zahlen variieren - ca. 30 verletzt worden, 16 Tote wurden geborgen und 16 Personen noch vermisst (und nach der vergangenen Zeit ist zu befürchten, dass diese ebenfalls nicht mehr lebend geborgen werden).
Heisst also: ca. 0,7 Prozent der an Bord bedindlichen Menschen wurden verletzt, ebenfalls ca. 0,7 Prozent sind umgekommen. Bitter für jedes einzelne Leben! Aber das soll das Ergebnis einer "Panik" gewesen sein? Das sollen "vollkommen überforderte Angestellte" erreicht haben? Das ist doch ein schlechter Scherz!
Eine solche Situation lässt sich nicht trainieren, denn neben dem Wissen der Evakuierungspunkte und -prozeduren kommt der Faktor der Ungewissheit hinzu. Das Schiff neigt sich langsam, aber sicher zur Seite, die eine Hälfte der Rettungsboote (die nun unbestreitbar integraler Bestandteil einer jeden Evakuierung auf See sind) steht nur eingeschränkt zur Verfügung, und keinem ist klar, was nun wirklich passiert ist und was noch passieren wird.
Für diese Umstände ist meiner Meinung nach die Evakuierung dem Ergebnis nach weit besser gelaufen, als es zu erwarten gewesen wäre! Aber es ist natürlich viel auflagensteigernder, dem geschockten Leser in der wohligen Sicherheit seines Plüschsessels Bilder von Panik, Dunkelheit, Gedränge und Kälte zu erzeugen, mit den Bilderwelten von Hollywood-Schockern zu spielen, um die gebotene Dramatik Tag für Tag wieder zu zu instrumentalisieren... für Clicks und Käufe des eigenen Erzeugnisses.
Keine Frage, diejenigen, die an Bord live dabei waren, werden einiges davon empfunden haben. Aber das, was ich von Beteiligten bisher lesen durfte, stellen diese die Bemühungen aller an der Evakuierung beteiligten Menschen in den Vordergrund, die dafür gesorgt haben, dass die Opferzahl trotz allem überschaubar geblieben ist.
Ob die Leistungen, die COSTA den Passagieren der Unglücksfahrt nun anbietet, angemessen oder nicht sind, das muss jeder selber entscheiden. Richtig machen können sie es eh nicht mehr...
Meine nächste Kreuzfahrt würde ich genauso wieder mit COSTA machen. Da halte ich es mit Garp: Schonmal ein Flugzeug in ein Haus gestürzt ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass das nochmal passiert, verschwindend gering... und die Wulffs werden wohl eher auf dem Traumschiff reisen... :-)
Dieser Beitrag wurde geschrieben von Andreas Erle am Freitag, 27. Januar 2012 um 13:30 und eingeordnet unter Blog .