Kommunikation heute
Was mich grundsätzlich schon ein wenig nachdenklich stimmt, ist die Art, wie sich Kommunikation in den vergangenen Jahren verändert hat: Mehr und mehr verschiebt sich die früher so gepflegte Kommunikation von Angesicht zu Angesicht auf die elektronischen Kanäle. Nehmen wir wieder den homo mobilius. Dank Windows Mobile 5 AKU2 (und dem darin enthaltenen Mail and Security Feature Pack MSFP) und seinen Nachfolgern und dank der Tatsache, dass man heutzutage keinen eigenen Exchange-Server mehr braucht, sondern recht günstig fremdgehostete Exchange-Postfächer "mieten" kann, ist er jederzeit erreichbar. Kaum ist eine Mail eingegangen, schon vibrierts in der Hose, und auch bei nicht hosenspezifischen Mails rund um blaue Pillen und Längenoptimierungen des Hoseninhalts ist man elektrisiert.
PDA raus, Mail lesen. War nix wichtiges? Schade. Moment, kann ich doch eben beantworten. Ach ich wollte doch noch...
Jetzt mag man über die Technologieresistenz des jeweiligen Lebensabschnittspartners trefflich lästern, aber auch allgemein: so recht massenkompatibel ist das Verhalten nicht. Je nachdem wie weit diese morbus mobilis fortgeschritten ist, ist fast kein ununterbrochenes Gespräch mehr möglich, kein ruhiges Essen, von "privateren" Themen schweigen wir mal. Während ein Blackberry (wo das Thema Push-Mail eigentlich viel bekannter ist) noch als Manager-Tamagotchi durchgeht und eher ein Business-Problem ist, ist der Pocket PC oder das Smartphone quasi in die Tasche der privaten Jeans implantiert.
Als wenn das nicht schlimm genug wäre: Was bei Windows funktioniert, kann man doch auch mit Windows Mobile machen, das ist auch meine Maxime. Offensichtlich auch die von Microsoft: Anders kann man sich das massive Engagement, Windows Live adäquat auf die mobilen Geräte zu bringen, nicht erklären. Natürlich hat der homo mobilius den Live Messenger auf seiner Heute-Seite... und just nachdem der kurzzeitige Anfall der morbus mobilis abklang und der PDA wieder in der Tasche verschwinden könnte, schlägt genau das ins Kontor:
... mit Joe quatschen... jetzt ist der gerade im Messenger online. Naja, kann ich doch mal eben anchatten ...
Mal ganz abgesehen davon, dass mir bitte mal jemand den visuellen Unterschied zwischen einem Gameboy spielenden Kind und einem mobil chattenden/mailenden Erwachsenen erklären sollte: Welche Qualität hat diese Art der Kommunikation? Um schnell mal eben (vor allem über Zeitzonen hinweg, wo Telefonieren schwierig ist) Dinge abzustimmen mag das reichen, aber privates auf diesem Weg zu klären, ohne die Stilmittel der Gestik, des Tonfalls, etc., kann das ganz gewaltig nach hinten losgehen. Vor allem ist es ein Irrglaube, die Knappheit der Kommunikation würde Zeit sparen... schnell gelangt man in Pingpong-Diskussionen der Art "Hast du was?" "Nee" "Aber Du bist so kurz ab"[...]. Was das an Zeit kostet! Und sein wir mal ehrlich: Verständnis hat spätestens an diesem Punkt kaum ein Umstehender mehr für das eigene Verhalten.
...fertig. "Schatz, wir können weiter... errr... wo bist Du? Haaaaalloooooo!?"
Mobile Kommunikation ist was Feines, und wenn ich unterwegs bin, mag ich mein Push-Mail ebenfalls nicht mehr missen. Mit ein wenig Selbstdisziplinierung und dem Bewusstsein, dass man nicht der Sklave seines Gerätes ist, sondern frei bestimmen kann, wann man auf Nachrichten reagiert und wann man einfach mal den Ausschalter betätigt, lässt sich das durchaus sinnbringend in ein "normales Leben" integrieren.
Ich muss weg. Meine Frau hat mir gerade einen Termin fürs Abendessen geschickt. Das will man ja nicht verpassen... sonst kommt später eine Mail "Hier ist Deine Pizza" mit einer saftigen Frutti di Mare als wenig nahrhaftem Anhang...
Dieser Beitrag wurde geschrieben von Andreas Erle am Freitag, 26. Oktober 2007 um 19:33 und eingeordnet unter Blog , Kommunikation , Windows Mobile , Windows Phone .