Nokia Lumia 1020
Geschrieben von Andreas Erle (12.09.2013 12:00 CET)
Ich möchte es vorwegnehmen: Bei der Vorstellung des Lumia 1020 war ich nur mässig euphorisch: Eine hochauflösende Kamera ist etwas nettes, aber in einem kleinen Gehäuse und mit kleiner Linse eigentlich potentiell nicht wirklich iein Bildmonster. Und der "Rückfall" in das Design des Lumia 920, wo ich mich gerade freudig an das schlanke Design des 925 gewöhnt hatte, auch nicht wirklich ein Argument für das 1020. Ich gebe mich geschlagen: Nach zweieinhalb Wochen mit dem Lumia 1020 behaupte ich das glatte Gegenteil.
Auf den ersten Blick könnte man das Lumia 1020 für den Bruder des 920 halten. Die Front ist nahezu identisch, auch die Unter- und Oberseite sind sehr ähnlich. Der große Unterschied kommt auf der Rückseite, wo die Linse der Kameras untergebracht ist. Der komplette Bereich ist deutlich erhöht, hebt sich bei einem nicht schwarzen Gerät durch den mattschwarzen Lack deutlich ab und symbolisiert deutlich, dass hier etwas Besonderes ruht. Nun hat dieses Design natürlich auch technische Hintergründe: Hinter der Plexiglasabdeckung bedindet sich - ein Novum für ein aktuelles Smartphone - eine zusätzliche Abdeckung der Linse. Auch der Blitz ist deutlich größer, was sich unter anderem darin auswirkt, dass dessen Reichweite mit 4 Metern (beim Lumia 925 3 Meter) größer geworden ist.
Wohltuend auch die Tatsache, dass sich Nokia bei den "farbigen" Geräten dafür entschieden hat, die Oberfläche des Polycarbonat-Unibody-Gehäuses matt zu machen: Das sieht nicht nur edler aus, sondern sorgt auch dafür, dass das Gerät noch besser in der Hand liegt.
Weiterer visueller Unterschied zum Vorgänger: die beiden Kontakte auf der Rückseite, die ebenfalls eine technische Bewandnis haben: Im Gegensatz zum 920 ist kabelloses Laden via Qi zwar möglich, bedarf aber einer separaten Rückenplatte, die dann eben auf diese beiden Kontakte aufsetzt. Ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite habe ich mich daran gewöhnt, im Auto und Zuhause ohne Steckergewurschtel meine Geräte laden zu können, auf der anderen Seite ist das Aufsetzen eines zusätzlichen Ladeelements nur wenig Aufwand... aber trotzdem: Aufwand. Allerdings hat das beom Lumia 1020 durchaus noch einen positiven Aspekt: Durch die Erhabenheit der Linse habe ich immer ein ungutes Gefühl, das Gerät auf den Tisch zu legen und dabei gegebenenfalls eine der Kanten "anzutitschen" und den Lack zu beschädigen (was wahrscheinlich eh nicht geht). Das Ladecover macht die Rückseite plan und schützt damit den Linsenteil, ob nun nötig oder nicht.
Von den Leistungsdaten her ist das Lumia 1020 auf der Höhe der Windows Phones. 4.5 Zoll WXGA-Display mit 1280*768 Pixeln, Snapdragon S4-Prozessor mit DualCore und 1.5 GHz (mehr geht in beiden Bereichen auf Grund der Basis-Spezifikationen von Windows Phone nicht, das wird sich erst mit dem GDR3-Update Ende des Jahres ändern), mobile Daten mit LTE, 32GB Speicher, Bluetooth 3.0, WLAN 802.11 a/b/g/n. Der Hauptspeicher ist mit 2GB größer als bei der Konkurrenz.
Was mir ein wenig Kopfzerbrechen macht: Bei einem Gerät, das durch seinen riesigen Sensor Photos in höchster Aulösung (und damit einem Speicherbedarf von um die 10MB pro Bild) macht, ist der Verzicht auf einen Speicherkartenslot unverständlich. Klar, auch das 920 und 925 haben keinen, die kleineren Modelle der Lumias aber schon, und Windows Phone lässt es zu. Für den Alltagsgebrauch ist das noch okay, aber die Qualität der Kamera schreit förmlich danach, das Gerät auch auf Reisen als primäre Knipse mizunehmen, und da wird der Speicher, wenn man ihn zusätzlich noch mit Musik, Videos und Apps "belastet" schnell eng. Aktuell hört man nichts mehr von der gerüchteweise geplanten 64GB-Version... das wäre die Alternative gewesen. Leider wird diese nur exklusiv on O2 angeboten.
Der 2000mAh-Akku hält im Praxisbetrieb gute anderthalb Tage durch, wenn man nicht gerade in schlecht ausgebauten Netzgebieten agiert. Der kontinuierliche Wechsel zwischen Funkzellen bzw. das Betteln nach Empfang in schwachen Gebieten fordert wie bei den meisten anderen Smartphones seinen Tribut. In der Summe aber kommt man auch bei intensiver Nutzung der Kamera und der anderen Gerätefunktionen gut über den Tag.
Kommen wir zum Haupt-Feature des Gerätes: Der Kamera. 41Megapixel-Sensor, Blende F2.2, das klingt auf dem Papier nach einer Revolution in der Smartphone-Fotografie. Allerdings haben Geräte wie das XPERIA Z von Sony gezeigt, dass die Auflösung nicht unbedingt etwas mit der Qualität der geschossenen Bilder zu tun haben muss. Ich kann beruhigen: Das ist beim Lumia 1020 komplett anders. Ich habe in den vergangenen zweieinhalb Wochen intensiv fotografiert, die Bilderserie (mit den originalen hochauflösenden Bildern) findet sich hier.
Es bietet sich natürlich der Vergleich zum Lumia 925 an, das bisher die Krone der Lumia-Kameras innehatte. Im Tageslicht ist die Kamera des 1020 deutlich überlegen: Bilder sind klar und scharf, die Farben echt, die Helligkeit ausgewogen. Nur bei extrem hellem Sonnenlicht neigt die Kamera des 1020 zur leichten Überzeichnung... aber wann haben wir das in unseren Breitengraden schon? :-)
Im Dunkeln ist die Kamera des 925 leicht im Vorteil, was sicherlich auch daran liegt, dass sie mit einer Blende von F2.0 noch etwas lichtempfindlicher ist als die des 1020. Aber auch hier (siehe das Bild oben) brilliert das 1020. Ganz klar allerdings wird es, wenn man sich die Möglichkeiten der hohen Auflösung anschaut: Das Lumia 1020 nimmt parallel ein 5 Megapixel-Bild (um mit kleiner Dateigrösse das Teilen per Mail oder sozialen Netzwerken zu erlauben) und ein hochauflösendes Bild (34MPix bei 16:9, 38MPix bei 4:3) auf. Das entspricht der Möglichkeit, in das Bild 2.5 mal hineinzuzoomen, ohne unter die 5 Megapixel zu gehen. Oder aber: Es erlaubt Makro-Aufnahmen. Der Fotograf muss nicht nah an das Objekt herangehen und riskieren, dass er durch Unterschreitung des Mindestabstandes von 15cm Unschärfe riskiert: in beliebigen Abstand fotografiert kann später noch der entsprechende Bildausschnitt gewählt werden. Hier der Originalausschnitt:
Und hier der Auschnitt mit der Spinne 1:1 groß:
Muss man dazu noch mehr sagen?
Preis:
Zwischen EUR 650,- und EUR 700,- hier.
Fazit:
Als Smartphone ist das Lumia 1020 sehr gut, auch wenn die Limitierungen von Windows Phone im Hinblick auf die Bildschirmauslösung und den Prozessor langsam dazu führen, dass die Geräte auf dem Papier eine Generation zurück erscheinen (was sich aber in der Praxis nicht als spürbar erweist!). Als Kombination aus aktuellem Smartphone, Bedienbarkeit und vor allem einer überragenden, konkurrenzlosen Kamera in einem Smartphone ist das Nokia Lumia 1020 unbestreitbar eines der - wenn nicht gar das - Smartphone auf dem Markt. Respekt, Nokia!