Nokia 8910
Geschrieben von Andreas Erle (01.07.2004 00:00 CET)
Wie bei den meisten Mobiltelefonen werden ich am Nokia 8910 die Meinungen scheiden. Schon bei seinen Vorgängern,
dem 8810 und 8850 war die Meinungsvielfalt von "Schmuckstück" bis "überteuertes
Spielzeug" schier unermeßlich.
Einen Nachteil hat Nokia nun endlich ausgebügelt: So ästhetisch
die Modelle der 88xx-Reihe bisher waren, technisch konnten sie den Datenkommmunizierer nicht überzeugen: Außer
einer Infrarotschnittstelle mußte man auf WAP, GPRS, HSCSD oder Bluetooth vollends verzichten. Das war auch
der einzige Grund, waum ich mein 8850 damals abgegeben habe. Und mit dem 6310, das zwar alle Anforderungen an die
technischen Ausstattungsmerkmale erfüllte, konnte ich mich nicht so recht anfreunden. Endlich nun hat Nokia
das 8910 auf den Markt gebracht.
Neben der Tatsache, daß nun endlich ein WAP-Browser, GPRS, HSCSD, ein Bluetooth-Modul und die Infrarotschnittstelle
den Reigen der Kommunikationsschnittstellen komplettieren, hat Nokia eine ganz eigene Wahl mit dem Material getroffen:
Die Schale des 8910 ist aus Titan, entweder pur oder schwarz. Obwohl man auf den ersten Blick sagen würde,
daß der Unterschied zwischen dem Aussehen des 8850 und des 8910 nicht so groß ist, bei genauerer Betrachtung
zeigen sich einige Feinheiten.
Zuallererst kann man die Abdeckung der Tastatur nicht mehr durch Schieben öffnen, sondern kommt in den
Genuß des von Nokia so betonten Öffnungsmechanismus. Links und rechts am Telefon befinden sich zwei
Chromknöpfe, die die Klappe verriegeln. Drückt man diese, dann wird der innere Teil des Telefons durch
Federkraft nach oben geschoben und das Telefon entsprechend länger (was vom Formfaktor her sicherlich gewöhnungsbedürftig,
für das Telefonieren aber absolut bequem ist.
Im Gegensatz zum 8850 ist die Tastatur nicht chromfarben, sondern dunkler grau, was dem ganzen einen edleren Anstrich
gibt. Allerdings hat man vollkommen auf die Beleuchtung der Tasten selbst verrichtet, lediglich die Bereiche zwischen
den einzelnen Tasten sind noch beleuchtet. Sieht zwar edel aus, nur kann man im Dunkeln nicht mehr erkennen, welche
Tasten man gerade drückt...
Die Lautstärkeregelung während eines Gesprächs wird nicht durch Tasten seitlich, sondern durch die
Auf/Ab-Tasten auf der Tastatur vorgenommen. Soweit kein Problem, kann man doch im Gegensatz zu den Vorgängern
sowieso nicht mehr mit geschlossener Klappe telefonieren, da auch die Rufannahme/Ende-Knöpfe sich beim 8910
unter der Klappe befinden.
Will man einen Ruf ablehnen, so bleiben gerade mal anderthalb Sekunden, in denen die Klappe geöffnet und die
Rufende-Taste gedrückt werden müssen. Reagiert man zu spät, dann hat man den Ruf angenommen. Im
Gegensatz z.B. zu Motorola-Telefonen kann man die autmatische Rufannahme bei Öffnen der Klappe nicht abschalten,
was nicht ganz durchdacht scheint.
Die Handhabung der Bluetooth-Funktionalität ist simpel wie auch vom 6310 gewohnt.Bluetooth wird eingeschaltet,
woraufhin im Display ein kleiner, eingeklammerter Kreis erscheint. Startet man dann z.B: vom PDA oder dem Notebook
eine Kopplung, dann kommt im Display die Frage, ob man eine Verbindung mit dem entsprechen Gerät akzeptieren
möchte. Bejaht man dies, dann wird der Passkey abgefragt. Die Eingabe ist nicht so zeitkritisch wie bei den
ersten Modellen des 6310, allerdings bringt das Telefon jedesmal nach erfolgreicher Kopplung eine Fehlermeldun
("Gerät nicht verfügbar"), was der Funktionalität aber keinen Abbruch tut. Man findet
dann in den Bluetooth-Einstellungen unter "Beglaubigte Geräte" einen neuen Eintrag und kann dort
auch festlegen, daß ein Verbindungsaufbau auch ohne Bestätigung möglich sein soll. Dies bedeutet
nicht, daß jedes beliebige Gerät akzeptiert wird, sondern nur, daß das durch die Kopplung beglaubigte
Gerät nicht jedesmal explizit am Telefon bestätigt werden muß.
Bei Aufbau einer Verbindung meldet das Telefon dann kurz "Verbunden mit...", nach Ende der Verbindung
dann "Verbindung getrennt..." Bluetooth-Aktivität kann man allerdings leider nicht (wie bei den
Ericsson-Telefonen) anhand einer Leuchtdiode nachhalten, ebenso fehlt eine LED, das Vorhandensein des GSM-Netzes
anzeigt.
Ein Headset muß man am 8910 extra suchen lassen (da dieses ja nicht selbst eine Kopplung einleiten kann).
Ericsson-BT-Headsets funktionieren problemlos. Und da das HDW-1 von Nokia selbst zum einen auf sich warten läßt,
zum anderen aber auch extrem teuer ist, sind diese durchaus eine Alternative.
Was für mich schon an eine Unverschämtheit grenzt, ist die Connectivity des 8910 an Outlook. Es wird keinerlei Unterstützung für serielle Verbindungen mehr zugelassen, nur noch Infrarot und Bluetooth. Letzteres wäre an sich schön, denn sowohl mein Desktop als auch mein Notebook haben Bluetooth-Adapter. Aber nein, die werden nicht unterstützt, sondern einzig das Nokia-eigene Connectivity-Set DTL-4 wird unterstützt. Das kann es nun wirklich nicht sein, zumal die Karte zumindest momentan noch nicht lieferbar ist. Und einen weltweiten Standard auszuhebeln, indem man nur ein eigenes Produkt unterstützt, ist für mich vollkommen widersinnig...
Fazit:
Alles in allem ist das Nokia 8910 ein von der Technik her überzeugendes, edles Mobiltelefon, daß sich hervorragend mit einem PDA kombinieren läßt. Design ist immer eine Geschmacksfrage, einzig der Preis sorgt bei vielen Interessenten für Bauchschmerzen: Ohne Abschluß eines Vertrages fallen durchschnittlich EUR 900,- für die reine Titanvariante und EUR 950,- für die schwarze Variante an.