Navigon Mobile Navigator|4
Geschrieben von Andreas Erle (01.07.2004 00:00 CET)
Stück für Stück überarbeiten die Hersteller der diversen Navigationssysteme ihre Produkte.
In manchen Fällen ist dies nicht mehr als ein kleines Update, das eine neue Versionsnummer bekommt, in anderen
Fällen aber ist es eine komplette Neuentwicklung. Der Mobile Navigator|4 aus dem Hause Navigon ist ein eindeutiger Vertreter der letzten Kategorie.
Nachdem der Mobile Navigator European Edition und der Monbile Navigator Business European Edition bereits stark
aneinander angeglichen wurden, hat man im nächsten Schritt mit der Version 4 gar aus allem eines gemacht.
Die verschiedenen Produktreihen (normal/Business, Deutschland/Europa) münden nun in einem einzigen Produkt,
das sowohl dynamisches Routing unterstützt, in dem bei Vorhandensein eines entsprechenden Empfängers
über TMC aktuelle Verkehrsmeldungen eingeplant werden, als auch direkt das Kartenmaterial Westeuropas enthält.
In der Konsequenz hat man auch die Hardware umgestellt, statt unterschiedlicher Empfänger gibt es nun ein
modulares System, das vom seriellen zum Bluetooth-Empfänger erweitert werden kann, und durch ein Zusatzmodul
eben auch TMC-fähig ist.
Auf fünf CDs liegen dem MN|4, die Applikation für den Kartenexport (MapExport), ein Editor für eigene
Benutzeroberflächen (Skins), die Kartendaten im "Rohformat" und als vorexportierte Länder bei.
Auf dem PC installiert werden nur die ersten beiden CDs, die restlichen drei müssen verwendet werden, wenn
man ein vorexportiertes Kartengebiet verwenden möchte.
Wer nur ein Land verwenden möchte und nicht über Ländergrenzen hinaus navigiert, der wird sich kaum die Mühe machen und Kartendaten manuell exportieren. Nach Start des MapExport-Tools kann direkt auf bereits exportierte Karten zugegriffen werden. Man wählt dort Deutschland, legt eine der CDs ein, und schon ist das gesamte Kartenmaterial Deutschlands auf der Speicherkarte. Navigon hat im Vergleich zu den Vorgängerversionen massiv an der Kompression gearbietet. Reichte früher eine 256MB Speicherkarte nicht aus, so ist dies jetzt endlich geschafft: Knapp 230MB Speicherplatz sind nötig, um vom nördlichsten Zipfel zum südlichsten Ende des Landes zu navigieren.
Wer keine Speicherkarte zur Verfügung hat bzw. keine verwenden möchte, der kann aus der Gesamtkarte
frei Rechtecke wählen, einzig eine Obergrenze von 360MB darf nicht überschritten werden (natürlich
kann man mehrere Kartenbereiche á 360MB mitnehmen, wenn die Speicherkarte es zulässt). Dies bedeutet
unter anderem auch, daß Kartensegmente über Ländergrenzen gebildet und zur Navigation verwendet
werden können: Wer beispielsweise im Rheinland wohnt, der wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Rechteck
mit Rhein/Ruhr bis hinüber nach Holland erzeugen. In Düsseldorf losgefahren und als Ziel Brouwershaven
an der Nordsee angegeben, und schon ist eine Route geplant.
Ebenfalls auch im MN|4 vorhanden: Die Übertragung einer Route aus mehreren Zwischenzielen. Nach Eingabe der
Start- und Zielpunkte kann festgelegt werden, wie breit der Korridor um die errechnete Route sein soll, und wie
gross der Umkreis um Start und Ziel. Auf diesem Weg kann man mit wenig Speicherbedarf eine komplette Route auf
den PC übertragen, muß man allerdings signifikant davon abweichen (weil beispielsweise eine Autobahn
gesperrt ist), dann kommt man schnell in Bereiche, von denen man kein Kartenmaterial dabei hat...
Vor dem Start der Applikation auf dem Pocket PC steht die Freischaltung des Systems. Aus den Daten des Pocket
PCs wird ein Gerätecode ermittelt, ein daraus und dem CD-Key resultierender Freischaltcode muss erst angefordert
werden. Dies kann man kostenlos im Internet machen, für die telefonische Freischaltung fallen Gebühren
in Höhe von EUR 0,12 Pro Minute an.
Dieses Verfahren stößt nicht unbedingt auf ungeteilte Freude, hat aber durchaus seine Berechtigung:
Der MN|4 ist das erste Navigon-System, das es auch als reine Software-Variante gibt. Und schaut man sich die Absatzzahlen
der Medion-System and und parallel dazu die deutlich höhere Zahl der Nutzer der Navigon/Medion-Version, dann
versteht man, was damit erreicht werden soll.
Hat man die Freischaltung hinter sich gebracht und das System gestartet, dann erkennt man schnell, daß
sich eigentlich fast alles geändert hat. Das Menü sieht komplett anders aus, es sind neue Schaltflächen
hinzugekommen, der Gesamteindruck ist viel moderner als bei den Vorgängerversionen. In den folgenden Bildern
(im Gegensatz zu oben) ist als Skin der selbsterstellte "World of PPC"-Skin eingestellt... ;-)))
Im Hauptmenü besteht die einfachste Möglichkeit der Navigation darin, einfach die Schaltfläche mit
dem kleinen Häuschen zu drücken und damit ohne weitere Eingaben an das als "Heimatort" in den
Einstellungen definierte Ziel geführt zu werden. Wenn man sich überlegt, daß im Durchschnitt jede
zweite Fahrt nach Hause führt, dann ist das schon eine Zeitersparnis... ;-)
Neben der normalen Zieleingabe gibt es zusätzlich noch als neue Funktion die Navigation über Zwischenziele,
also eine Strecke von A nach D über B und C.
Der Dialog mit den Einstellungen ist dem allgemeinen Design angepasst und umfasst eine unglaubliche Vielzahl von
Optionen. Neben dem GPS-Empfänger, dem Aussehen der Oberfläche, dem Geschwindigkeitsschema (mit Einfluss
auf die Schätzung der Ankunftszeit/Reisedauer), der Auswahl, ob das Rerouting mit TMC automatisch durchgeführt
oder manuell bestätig werden soll und einigen anderen fallen besonders folgende Funktionen auf:
Unter der Lautstärkeeinstellung kann in Schritten á 10 Prozent unabhängig von der Einstellung
der sonstigen Systemlautstärke eingestellt werden, wie laut die Sprachanweisungen sein sollen.
Unter AutoModus kann individuell festgelegt werden, ob die Karte nordwärts oder in Fahrtrichtung ausgerichtet
wird und in wie weit abhängig von der Geschwindigkeit hinein und heraus gezoomt werden soll.
Wer ein Fahrtenbuch führen will oder muß, der kann festlegen, ob automatisch bei GPS-Empfang ein Eintrag
generiert wird oder ob dies manuell angestossen werden muss.
Weiterhin lassen sich die Anzeigeoptionen der Karte vollkommen frei einstellen, wer die Bedienung mit dem Finger
vorzieht, der kann sich die Bedientasten auf die Hardwaretasten des PDAs legen.
Neben dem Symbol für das "Nach Hause"-Navigieren findet sich ein weiterer Button für die Definition des anzufahrenden Zieles... und der ist eine kleine Revolution: Speichert man Ziele, dann kann man diese mit einer Sprachkennung belegen, und durch Drücken des Voice-Buttons dann per Sprachwahl anwählen. Kein langes Suchen in Listen von Zielen mehr, sondern einfach und intuitiv wie in einem Taxi einfach das Ziel sagen. Und es funktioniert hervorragend! Auch wenn man (natürlich als Beifahrer) während der Fahrt diese Funktion nutzen will: die Erkennungsrate ist extrem hoch.
Ebenfalls geändert hat sich die komplette Anzeige des Satelliten- und TMC-Empfangs: Statt in Buchstaben
und Zahlen oben in der anzeige zu stehen haben die einzelnen Elemente jetzt einen eigenen Platz am unteren Ende
des Displays gefunden und sind grafisch dargestellt. Das wirkt deutlich angenehmer, und durch anklicken der Symbole
bekommt man schnel weitere Informationen.
Was in den alten Versionen immer wieder ein Ärgernis war: Der Mobile Navigator schaltete sich auf den kompletten
Bildschirm und verbarg damit die Taskleiste und den Start-Button, so daß der Start anderer Applikationen
nur durch Umwege möglich war. Im MN|4 ist dazu ein eigener Button in Form des Windows-Symbols vorgesehen,
mit dem die Taskleiste ein- oder ausgeblendet werden kann.
Hat man nun ein Ziel, das nicht eines der Sprachziele oder der Heimatort ist, dann funktioniert die Zieleingabe
wie gewohnt:
Man wählt aus dem Land, der Stadt, der Strasse, der Hausnummer bzw. der Querstrasse oder aus regionalen und
Überregionalen Sonderzielen einfach das gewünschte Ziel aus. Nutzer einer langsamen Speicherkarte (wie
der IBM/Hitachi Microdive) können aufatmen: Vorbei sind die Zeiten, in denen jeder einzelne eingegebene Buchstabe
mit dem Datenbestand abgeglichen wurde und man Sekundenlang warten mußte: erst nach der (Teil-) Eingabe und
dem Sprung in das nächste Eingabefeld wird die Suche angestossen, und der gefundene Eintrag (oder die Liste
der passenden Einträge) dargestellt. Das geht deutlich einfacher und schneller als früher. Wer das Ganze
lieber per Finger als per Stift macht (also fast jeder, der den PDA bereits in die Autohalterung gesteckt hat und
an den Stift nicht mehr herankommt) kann in den Handy-Modus schalten: Dort befinden sich auf jeder der großen
Bildschirmtasten mindestens 3 Buchstaben, die durch mehrfach Tippen aus gewählt werden. Beispiel: drückt
man die Taste ABC zweimal, dann hat man das B eingegeben. Gewöhnungsbedürftig, aber nach kurzer Zeit
effektiv.
Für die gespeicherten Ziele ist in den MN|4 eine komplette, recht komfortable Verwaltung integriert, mit der
diese angewählt, gelöscht, verändert und mit einer Sprachkennung versehen werden können.
Einmal unterwegs bietet der MN|4 eine Vielzahl von Informationen auf dem Display: den Maßstab der Anzeige
(in Form eines Lineals und dessen Entsprechung in der Realität), die Steigung, eine Mini-Kompaßrose,
die Höhe und die aktuelle Geschwindigkeit werden in einer kompakten Leiste ganz unten am Bildschirmrand angezeigt.
Links unten befindet sich der entfernungsbalken zum nächsten abbiegen und darüber der Pfeil, der das
Manöver beschreibt. Wie bei den Vorgänger-Versionen werden diese Pfeile generiert, sind also nicht als
feste Bitmaps abgespeichert. Sie sehen dadurch zwar manchmal ein wenig "krumm" aus, spiegeln dafür
aber den tatsächlichen Straßenverlauf exakt wieder.
Daneben befindet sich die textuelle Anzeige der Straße, auf der man sich gerade befindet, und der, in die
man als nächstes abbiegt.
Tippt man mitten auf das Display, dann wird die Position eingefroren, d.h. der rote Positionsanzeiger in der Karte
"läuft weg", ohne daß die Karte sich bewegt oder aktualisiert wird. Interessant vor allem
dann, wenn man eine Position speichern möchte: den Stift (oder Finger) auf die entsprechende Stelle gedrückt
halten und auf das Kontextmenü warten. Dort kann dann der Punkt als Ziel oder Zwischenziel eingegeben, gespeichert
und mit einer Sprachkennung versehen werden.
Auf Wunsch einblendbar sind die transparenten Buttons: der Handmodus, in dem die Karte frei bewegt werden kann,
die Streckenansicht, in der auf die gesamte Strecke gezoomt wird, die Kartenausrichtung, die Zentrierung auf die
Position, das Umschalten in die 3D-Ansicht, etc.
Von der Darstellung selbst hat sich erst einmal nicht extrem viel geändert. Allerdings hat Navigon beim MN|4 darauf verzichtet, die ausschliessliche Pfeildarstellung ohne Karte weiter anzubieten, dafür hat man der Vorgabe der Konkurrenz entsprechend eine 3D-Ansicht eingeführt. Diese wird einfach durch Anklicken des 3D-Gitters rechts oben in der Ecke aktiviert. Man hat sich mittlerweile an diese Art der Darstellung gewöhnt, und es ist schön sie auch mit dem MN|4 nutzen zu können. Offensichtlich hat Navigon einkalkuliert, daß es auf Grund der komplexeren Berechnungen durchaus zu Verzögerungen in der Darstellung kommen kann. Ist das System beschäftigt, dann kann man dies daran merken, daß teilweise für einen kurzen Moment die Karte statisch bleibt, und sich der Positionsanzeiger bewegt, und kurze Zeit darauf die Karte aktualisiert wird. Dies merkt man, ohne daß man darauf achtet, nicht, es hat aber den Vorteil, daß die Position sehr schnell aktualisiert dargestellt ist.
Die Einbeziehung der Staumeldungen in die Berechnung der Route hat sich im Vergleich zur Vorgängerversion
zwar nur an wenigen, dafür aber an signifikanten Punkten geändert. Mit identischer Hardware ist das Herstellen
des Empfangs und die Darstellung der Staumeldung um ein Vielfaches schneller. Mußte man früher noch
Wartezeiten bis hin zum Minutenbereich hinnehmen, so sind der Empfang und die ersten Staumeldungen bereits nach
wenigen Sekunden vorhanden.
Die Detaildarstellung hat sich an das allgemeine Design angepasst.
Neu ist, daß bei Auswahl des dynamischen Routings nicht mehr von vorne herein automatisch neu geplant wird,
sondern in den Einstellungen festgelegt werden kann, ob dies manuell bestätigt werden soll. Praxissituation
dazu: Auf einer bekannten strecke kommt es zu einem Stau. Im Standard würde das System nun hingehen und diesen
Umfahren, was im Einzelfall eine Vervielfachung der Reisezeit zur Folge haben könnte. In einem solchen Fall
kann es Sinn machen, auf die Neuplanung zu verzichten und lieber eine halbe Stunde im stau zu stehen, als diesen
anderthalb Stunden zu umfahren.
Letzter wichtiger Faktor: Die Sprachanweisungen. Und die sind, wie gewohnt, ohne Fehl und Tadel. Zum einen sind sie extrem detailliert, und damit potentiell auch ohne Blick auf das PDA-Display ausreichend, zum anderen enthalten Sie Zusatzinformationen (wie beispielsweise die Angabe der Bundesstraße oder Autobahn, auf die man fährt: "In 300 Metern rechts abbiegen, auf die A44". Die Kombination von Sprachausgabe und Darstellung auf dem Bildschirm spielt hervorragend zusammen.
Fazit:
Es fällt beim MobileNavigator|4 schwer, die einem Reviewer angeratene Objektivität an den Tag zu legen.
So viel ist an dem Produkt getan worden, so viele neue Features sind hinzugefügt worden, daß es eine
wahre Pracht ist. Sowohl vom Preis/Leistungs-Verhältnis als auch von der tatsächlichen Anwendung ist
der MobileNavigator|4 das mit Abstand beste Navigationssystem für Pockets PCs, das momentan auf dem Markt
ist.
Preis:
EUR 369,- im Basispaket mit seriellem Empfänger
EUR 100,- Aufpreis für Bluetooth
EUR 100,- Aufpreis für TMC (oder EUR 210 Aufpreis für beides)
Updates:
Kostenlos für Besitzer der Business MobileNavigator European Edition
Kostenlos für Besitzer der MobileNavigator European Edition, Kauf ab 1.1.2004 (gültig ist das Datum
des Kaufbelegs), gilt bis zum 30.6.2004, danach EUR 59,-.
Für Besitzer der MobileNavigator European Edition, die vor dem 1.1.2004 gekauft haben EUR 59
Cross-Upgrade auf den MN|4 für Besitzer anderer PPC-Systeme von anderen Herstellern (Destinator, TomTom,
etc.) und älterer Navigon-Produkte EUR 99,-.