HTC Touch/MDA Touch/XDA Nova

Geschrieben von (13.06.2007 00:00 CET)

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Lange hielten sich die Gerüchte über ein neues HTC-Gerät im Frühsommer 2007, dessen Details noch nicht durchgesickert waren. Und tatsächlich hat es HTC geschafft, das HTC Touch (aka HTC Elf) fast unbemerkt vor den Augen der auf jede FCC-Freigabe geifernden Windows Mobile-Meute zu präsentieren.

Eigens wurde eine eigene Kategorie definiert: Neben Smartphones und Pocket PCs definiert das HTC Touch den Begriff "Touchphone", wie man auf der geräteeigenen Microsite eindrucksvoll formuliert.
Viel Lärm also um ein weiteres Windows Mobile-Gerät, aber alles andere als eine Marketing-Luftblase:
Das HTC Touch ist tatsächlich in vielerlei Hinsicht besonders. Das vorliegende Testgerät ist die finale englische Version, die deutsche Version sollte sich davon (bis auf die Sprache, versteht sich) kaum unterscheiden.

Zum ersten ist das Touch das kleinste Pocket PC Phone Edition-Gerät, das bisher auf den Markt gekommen ist. Mit 10 Zentimetern Höhe, 5,9 Zentimetern Breite und 1,3 Zentimetern Dicke verschwindet es in der Handfläche und lässt die Grenzen zwischen Smartphone und Pocket PC komplett verschwinden. Mit Windows Mobile 6 Professional hat es die aktuellste Version des Betriebssystems an Bord und damit so wichtige Neuerungen wie die Windows Live-Services, die Möglichkeit, HTML-Mails am Gerät zu lesen, etc.

Auch wenn der 201MHz OMAP850-Prozessor, die 64MB RAM und 128MB ROM "nur" dem Standard für heutige Windows Mobile-Geräte entsprechen, ist das Touch in der Gesamtperformance durchaus ansprechend und weniger träge beim Aufruf von Menüs und Programmen als manch identisch ausgestattetes anderes Gerät.
Das 2,8 Zoll-Display ist kontrastreich und scharf und sowohl im Inneren von Räumen als auch in der prallen Sonne hervorragend lesbar.

Für die Verbindung nach außen und zu anderen Geräten sorgen das integrierte Bluetooth 2.0-Modul (inkl. A2DP-Profil für die Wiedergabe von HiFi-Audio über entsprechende Headsets) und der 802.11b/g-WLAN-Sender. Bei der Datentelefonie kann das Touch auf ein Quadband-GSM Modul, GPRS und EDGE zurückgreifen, leider wurde (wie bei vielen anderen aktuellen Geräte kleiner Bauform) auf UMTS verzichtet. Die in den vergangenen Wochen und Monaten stetig geführte Diskussion "UMTS oder WLAN unterwegs?" bekommt damit zwar keine neue Nahrung, es bleibt aber der leicht resignierte Nachgeschmack, dass es "das perfekte Gerät" einfach nicht gibt.

Dem Touch liegt eine 1GB micro-SD-Karte bei, die wie die SIM-Karte für die Telefonie seitlich unter einer Abdeckung untergebracht wird. Endlich einmal keine billigen Plastiklaschen, die man kaum anfassen mag aus Angst, sie könnten abreißen. Allerdings muss man schon das Handbuch konsultieren, um die Karten einzulegen, denn die zu lösende Klappe umfasst fast die komplette rechte Seitenwand!
Eine 2 Megapixel-Kamera rundet die mittlerweile fast standardisierte Ausstattung eines aktuellen Pocket PCs mit Telefon ab.

Was das Touch so besonders macht, ist tatsächlich die Touchbedienung, von HTC "TouchFLO" genannt. Beim ersten Kontakt mit dem Display fällt dem PDA-gewöhnten Benutzer auf, dass hier etwas grundlegend anders ist: Während bei einem normalen Touchscreen das Empfinden deutlich "weicher" ist, stößt man beim HTC Touch auf eine harte, unnachgiebige Scheibe, deren Verwendung das komplette Bediengefühl per se ändert.

Wer erwartet, mit dem Touch ein einfach zu bedienendes, komfortables Gerät zu bekommen, der sollte diese Erwartungshaltung erst einmal anpassen: Das HTC Touch ist eine Diva, eine Zicke, die am Anfang wenig bereit scheint, sich mit dem Benutzer einzulassen. Wer aber bereit ist, Zeit zu investieren und sich an die Bärbeißigkeit der Bedienung zu gewöhnen, der wird belohnt.

Vielleicht erinnert der eine oder andere sich noch an eine kurze Newsmeldung zum Shift-Projekt der Microsoft Labs. Hier wurde versucht, die Fingerbedienung eines PDAs durch verbesserte Kontexterkennung zu verbessern. Auch wenn HTC beim Touch nicht den kompletten beschriebenen Weg gegangen ist, die Ansätze sind deutlich zu erkennen.

Kern des TouchFLO ist das TouchFLO-Menü, das durch Streichen mit dem Daumen von unten nach oben über das Display geöffnet wird, die selbe Bewegung von oben nach unten schließt es wieder.
Das Menü besteht aus drei Seiten: Einem fest belegten "Hauptmenü", das schnellen Zugang zu Emails, SMS, dem Internet Explorer, den Aufgaben, dem Comm Manager und dem Kalender bietet, einem Telefonbildschirm, in dem Kurzwahlen mit Bildern hinterlegt werden können, und einem Multimediamenü, das Zugriff auf Musik, Bilder und Videos bietet.

Durch die drei Seiten navigiert man, in dem man mit dem Daumen von links nach rechts über das Display streicht.
So schön diese Menüs auch sind, HTC hat hier weitaus weniger aus dem Konzept gemacht, als man es sich wünschen würde: Alle Menüs mit Ausnahme der Kurzwahlen sind fest belegt und nicht veränderbar. Nun nutze ich beispielsweise die Aufgaben gar nicht, und hätte stattdessen lieber einen direkten Zugriff auf ActiveSync. Dies kann nicht konfiguriert werden.
Als Alternative hat das Touch im Standard ein spezielles Heute-Plugin installiert, das neben dem Netzbetreiber, dem aktuellen Datum und der Zeit, den empfangenen Mails, SMS/MMS und entgangenen Anrufen auf dem Hauptbildschirm zwei weitere Bildschirme bereitstellt: Das Wetter eines konfigurierbaren Ortes kann als Tages- oder Sechstagesansicht dargestellt werden und der dritte Bildschirm von seinen Elementen frei belegt werden. Dieser so genannte Launcher bietet dann, was das TouchFLO-Menü verwehrt, aber eben an einer anderen Stelle und damit ein Stück weit unbefriedigend.

Zurück zur Zickigkeit des Touch: Es bedarf einiger Rahmenbedingungen, um tatsächlich wirklich zufrieden mit der Bedienung zu sein: eine ganz genaue Kalibrierung des Displays ist überlebenswichtig. Gerade weil das Display selbst anders reagiert und sich anders anfühlt als ein normales Touchscreen sollte hier mit Zeit und Ruhe kalibriert werden.
Ebenso bedarf es einigen Fingerspitzengefühls, den richtigen Druck auf das Display auszuüben: Gerade die Bedienung der TouchFLO-Menüs erfordert spürbaren, aber eben auch nicht zu festen Druck auf das Display, und gerade am Anfang ertappt man sich oft dabei, das Gerät genervt als "Miststück" zu bezeichnen. Ohne eine geschlechterspezifische Debatte vom Zaun zu brechen: Kennen wir das nicht alle aus dem wahren Leben in bestimmten Situationen? :-D

Der Touch ermöglicht es auch deutlich besser als PDAs mit normalen Touchscreens, das normale System und die Systemapplikationen mit dem Finger zu bedienen. Auch hier muss man sich anpassen: Während beim Rollen durch Kontakte oder Termine ein breitflächig aufgelegter Finger und dessen Bewegung in die Rollrichtung die beste Wirkung zeigen, sollte man beim Anwählen von Optionen eher mit spitzem Finger oder gar Fingernagel agieren, um annehmbare Ergebnisse zu erzielen.
Gerade beim Heraussuchen eines Kontaktes, einer Situation, wo beide Bedienarten sich abwechseln, wird das Ganze allerdings wirklich knifflig: Daumen nach oben ziehen (in der Übersicht der Kontakte), schon rollt die Liste nach unten (dies klingt widersprüchlich, entspricht aber der natürlichen Bewegung, die Liste nach oben zu schieben, um dann darunter liegende Einträge zu sehen). Allerdings scheint es irgendwo einen Schwellwert zu geben, an dem ein automatisches Rollen einsetzt, und an diesem Punkt wird die Bedienung hektisch: tippt man nun mit dem Finger in die Liste, dann hört sie entweder auf, automatisch zu rollen, oder aber ein beliebiger, gerade darunter liegender Kontakt wird angewählt. Was aber im Einzelfall tatsächlich passiert, hängt dem Gefühl nach eher von den Mondphasen als von einer nachvollziehbaren Bedienvariante ab.... und so wird der Normalbenutzer eher dazu übergehen, solche Aufgaben mit dem Steuerkreuz zu erledigen.

Und genau hier krankt das Konzept ein Stück weit: hat man sich einmal an die Bedienung und das Verhalten des Gerätes gewöhnt, dann ist man schnell begeistert. Vor allem die Nutzung der Kernfunktionen mit dem Daumen einer Hand schafft eine Menge Freiraum und Bedienkomfort, und sie macht einfach Spaß. Soweit betrachtet ist das Bedienkonzept des HTC Touch eine willkommene Erweiterung.
Nichts desto Trotz aber bleibt der schale Beigeschmack, dass HTC hätte deutlich mehr aus diesem Konzept machen können: Warum beispielsweise lassen sich nicht auch normale Anwendungen außer dem TouchFLO-Menü durch Streichen von oben nach unten über das Display schließen, warum wird das Heute-Plugin nicht in das TouchFLO-Menü integriert, warum ist dieses nicht anpassbar, alles Dinge, die aus der gekapselten Erfahrung von Teilen des Systems ein stimmiges Gesamtbild machen würden. Die TouchFLO-Bedienung im System selbst ist nett, aber nicht so ausgereift, dass sie einen wirklichen Aha-Effekt erreicht.

Ist das HTC Touch nun der "iPhone-Killer", wie man immer wieder lesen kann? Diese Aussage tut dem Touch, selbst wenn es die Absicht von HTC gewesen wäre, Unrecht. HTC hat schon versucht, durch eine ausgeklügelte und edle Verpackung ein Stück Wertigkeit zu schaffen, wie man sie unter anderem von Apple-Geräten kennt. Sicherlich ist es auch kein Zufall, dass das Bedienkonzept des Touch einen vergleichbaren Bedienkomfort bietet. Und zu guter Letzt ist die Wahl des Veröffentlichungstermins nah am Release des iPhones sicherlich ein geschickter Marketingschachzug, um den allgemeinen Hype zu nutzen. Abgesehen von diesen Punkten aber handelt es sich beim HTC Touch nicht um einen überdimensionierten MP3-Player mit integriertem Telefon, sondern um ein Businessgerät, das nebenbei auch Multimediafähigkeiten hat.

Preis:

EUR 439,-bei handit.de

Fazit:

Alles in allem aber ist das HTC Touch (auch als MDA Touch und XDA Nova angekündigt) ein Gerät, das hauptsächlich begeistert, auch wenn der Wunsch nach mehr geweckt wird. Durch seine geringe Größe, die intuitive Bedienbarkeit auch in ungünstigen Bediensituationen unterwegs und seine ansprechende Haptik stellt es eine gute Alternative für all die, denen ein Pocket PC bisher immer zu groß war, die aber auf dessen Funktionalitäten nicht verzichten wollen.

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