HTC Touch Diamond 2 (Topaz)
Geschrieben von Andreas Erle (25.05.2009 00:00 CET)
Eigentlich... ja, eigentlich ist HTC mittlerweile arg planbar geworden. Hat man einmal ein erfolgreiches Konzept entwickelt, dann wird dieses immer wieder neu aufgelegt. Das führt in der Summe oft dazu, dass man eher gelangweilt an ein neues Gerät herangeht: Touch-Oberfläche? Hatten wir schon. WVGA-Display? Alter Hut. Und genau in diesen Situationen sollte man vorsichtig sein: Ein Gerät ist oft mehr als die Summe seiner Ausstattungsmerkmale, wie der HTC Touch Diamond 2 eindrucksvoll beweist. Selbst als ich ihn Anfang des Jahres als erstes Sample kurz in den Händen hielt, war ich nicht wirklich begeistert. Nach einigen Tagen im Dauerbetrieb allerdings neige ich mein Haupt in Scham und lasse mich bekehren... :D
Der HTC Touch Diamond 2 ist zuallererst deshalb interessant, weil er die Tugenden des Vorgängers geschickt aufgreift und perfektioniert: Ob der schlichte „schwarz-weiss“-Look nun geplant und von Apple abgeschaut war, sei dahingestellt (faktisch gibt es viele Beispiele von Geräten anderer Hersteller, die dieses Design verwenden), mit dem Diamond 2 allerdings ist der Look noch edler geworden: der Rahmen um das Gerät ist nicht mehr aus schwarzem Aluminium (das man im schlimmsten Fall nicht mal visuell als solches erkennt), sondern aus gebürstetem Aluminium in „natürlicher“ Farbgebung. Ich gebe gerne zu: Da habe ich einen echten Knall, aber es sieht einfach edel aus. Die vier Hardwaretasten zwischen Rahmen und Display sind zwar aus Plastik, passen sich aber dem Alu-Look so an, dass dies überhaupt nicht auffällt. Wie beim Vorgänger sind die Tasten weiß beleuchtet, die Unterscheidung der Hörertasten (grün für Abnehmen, rot für Auflegen) findet farblich wieder nicht statt.
Verzichtet hat man auf das runde Scrollrad, dies wurde ersetzt durch eine horizontale Sensorfläche über den Tasten, die bei geeigneten Applikationen (Internet Explorer, Fotoalbum etc.) dazu genutzt werden kann, stufenlos in ein Dokument hinein- bzw. herauszuzoomen. Deutlich intuitiver und vor allem präziser, als dies mit dem Sensorrad möglich war.
Neben der Usability hat dies einen unschätzbaren Vorteil: es spart Platz. Und wie beim großen Bruder, dem HTC Touch HD, hat sich HTC diesen Platz nicht durch weitere Rahmen etc. verbaut, sondern ihn für das Display benutzt. Das führt dazu, dass aus dem VGA-Display (640*480) des HTC Touch Diamond ein WVGA-Display (800*480) geworden ist, ohne, dass sich die Bauform signifikant geändert hat. Das Display ist drinnen hervorragend lesbar, scharf, kontrastreich, es verunsichert höchstens ein wenig, weil der Eindruck entsteht, zwischen Scheibe und Anzeige sei ein guter Millimeter Platz (was aber am Ende ein reines Designthema ist). Leider versagt es draußen mit Pauken und Trompeten. Im grellen Sonnenlicht kann man getrost vergessen, etwas erkennen zu wollen... höchstens Erahnen ist möglich!
Die eben beschriebene Beibehaltung der allgemeinen Form heißt aber nicht, dass die beiden Geräte gleich aussehen: Der Namensgeber des Diamond, die Facettenartig geschliffene Batterieabdeckung, ist der Vernunft zum Opfer gefallen: So außergewöhnlich sie auch beim Vorgänger war, so wenig konnte sie in der Praxis überzeugen, viele Käufer des Touch Diamond hatten sich folgerichtig glatte Batterieabdeckungen anderer Modelle besorgt und mühsam manuell passend gebastelt. Diese Blöße wollte man sich offensichtlich beim Diamond 2 nicht geben und verbaute gleich die glatte Version.
Für ein wenig Unmut sorgte die Tatsache, dass dar Diamond 2 im Vergleich zum Vorgänger dicker geworden ist. Dies liegt zum einen daran, dass den vielfachen Beschwerden, ein Gerät ohne Speicherkartenslot sei untauglich (auch wenn beim Diamond 4GB Speicher fest eingebaut waren) stattgegeben wurde und ein microSD-Slot Einzug gehalten hat, der Karten bis 32GB aufnehmen kann. Zum anderen war die „Flachbrüstigkeit“ des Akkus ein Thema, und dieser wurde im Diamond 2 auf 1100 mAh aufgestockt... was zu einer Laufzeit in meinem Standard-Setting (Dauerverbindung zum Exchange per HSDPA/UMTS/GPRS, moderates Telefonieren, häufige Nutzung für Termine und Kontakte) von über zwei Tagen führt. Und das – dem nicht Windows Mobile-Kundigen sei es noch mal gesagt – ist ein sehr guter Wert.
Bereits im Vorfeld hatte HTC die potentiellen Käufer damit zu locken versucht, dass man ein kostenfreies Update auf Windows Mobile 6.5 versprach. Dies bedeutet implizit natürlich, dass er noch mit Windows Mobile 6.1 ausgeliefert wird, die Hardwarespezifikationen aber bereits auf 6.5 ausgelegt sind: Qualcomm MSM 7200A-Prozessor mit 528MHz, 512MB ROM, 288MB RAM, genug Power bringt der Diamond 2 in jedem Fall mit. Und er bekommt sie bereits mit dem ersten ROM auf die Strasse: TouchFLO 3D reagiert verzögerungsfrei (wer sich noch an das erste ROM des Vorgängers erinnert: kein Vergleich zu der damaligen Diashow!), auch in Applikationen, die potentiell speicherhungrig sind, sind keine Ruckler zu finden.
Scheinbar hat HTC aber schon als Vorgriff auf das 6.5-Update bereits den Pocket Internet Explorer 6 (bzw. ein Derivat davon) mit an Bord genommen: Dieser hat zwar nicht die aus diversen Internet-Foren abgelichtete Zoomleiste auf dem Display, aber er nutzt die Hardware-Sensorleiste, um frei in Webseiten hinein- und herauszoomen zu können.
WLAN, Bluetooth, GPS, Quadband GSM/GPRS, UMTS, HSDPA und EDGE runden die Kommunikation ab und stellen den Diamond 2 auf stabile Füsse. Das GPS funktioniert mit dem vorinstallierten Google Maps ebenso gut wie mit dem Mobile Navigator 7 PDA von Navigon (zur Information: zum Zeitpunkt dieses Testberichts existiert noch keine WVGA-taugliche Version für Endkunden, getestet wurde die aktuelle Beta-Version), der Fix ist nach der ersten – wegen des Einlesens des Almanachs immer länger dauernden – Verwendung sehr schnell und auch in ungünstigen Umgebungssituationen stabil.
Um das Warten auf Windows Mobile 6.5 erträglicher zu machen, hat HTC die eigene Bedienfläche TouchFLO 3D weiter aufgewertet. Und dies mag dem einen oder anderen nicht nur positiv auffallen: Verschwunden ist das gewohnte Startmenü, alle Programme sind nur noch als große, fingerbedienbare Icons zu finden. Nicht in der Form des Microsoft „Honeycomb“-Menüs von 6.5, aber eben nicht mehr wie gewöhnt in Form eines kleinen Menüs. (Wie man dies abstellen kann, habe ich hier zusammengeschrieben).
War auf den Vorgängern das TouchFLO 3D noch eher ein „Aufsatz“ auf das Betriebssystem zu sehen, der mit einem Klick in die unangepassten Systemmenüs führte, so hat HTC jetzt einen bis zwei Schritte weiter gemacht: Viele der Funktionen sind weiter ausgebaut worden, Systemeinstellungen in der Darstellungsart des TouchFLO 3D vorzunehmen.
Ein schönes Beispiel dafür ist der Sound-Einstellungsbildschirm: Ändert man ein Profil durch Antippen seines Namens, dann bewegen sich die Lautstärkeregler stufenlos auf die richtige Einstellung, alle Einstellungen sind bequem mit dem Finger vornehmbar. Das Design ist stimmig: Will man nicht gerade eine ganz spezielle Einstellung ändern, dann bewegt sich der Ottonormalanwender in einer konsistenten Umgebung und merkt gar nicht mal, dass es sich im ein „normales“ Windows Mobile-Gerät handelt... das, was Microsoft mit Windows Mobile 6.5 erreichen will.
Ebenfalls hat man die Nutzung des Neigungssensors („G-Sensor“) verbessert, und damit eines meiner Gebete erhört: Die Kombination der Bildschirmtastatur mit dem Vibrationsmotor ist durchaus dazu geeignet, auch mal eine längere Nachricht zu schreiben, ohne eine echte Tastatur zu vermissen. Allerdings wäre das Leben deutlich schöner, wenn man sich nicht auf eine 480 Pixel breite Tastatur verlassen muss, sondern im Querformat die volle mögliche Breite nutzen kann. Dies unterstützt der Touch Diamond 2 dadurch, dass er beim Drehen des Gerätes in der Mailanwendung das Display automatisch ins Querformat schaltet. Damit ist zwar der Eingabebereich kleiner, die Tastatur aber um so grösser. Parallel dazu hat man die Kombination von XT9 (also der automatischen Erkennung von Wörtern) und dem Tastaturtyp optimiert: Es gibt nicht mehr die komprimierte Tastatur, auf der mehrere Zeichen auf einer Taste sind, sondern nur noch die echte QWERTZ-Tastatur. Diese allerdings sucht sich auch bei ungenauem Tippen bei eingeschaltetem XT9 die richtigen Worte heraus, zeigt diese unter dem Eingabebereich an, sodass man bei mehreren möglichen Worten noch eben durch Antippen wechseln kann. Dies bringt zwar nicht bei jedem Wort einen Geschwindigkeitsvorteil, bei einem Grossteil aber schon... auch als Vielschreiber und Fan von Hardwaretastaturen bei PDAs bin ich mit der Erkennung zufrieden und schreibe ohne Unwohlgefühl auch längere Texte.
Preis:
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Fazit:
Alles in allem ist der Touch Diamond ein Gerät, das in der Kombination von Design, Funktionen und Haptik überzeugen kann. Es ist Hemdtaschentauglich, liegt trotzdem gut in der Hand, wirkt wertig und genau so viel als Designobjekt, dass die Funktionalität nicht darunter leidet. Einzig die schlechte Eignung für den Betrieb bei hellem Tageslicht im Freien schmälert den Nutzwert ein wenig, als Vielnutzer draussen würde ich mit dem Touch Diamond 2 aus diesem Grunde nicht glücklich.