Palm Treo 750v
Geschrieben von Andreas Erle (18.10.2006 00:00 CET)
Fast anderthalb Jahre ist es her, dass die ersten Berichte und Ankündigungen über einen PalmTreo auftauchten, der nicht mit Palm OS, sondern mit Windows Mobile ausgestattet sein sollte.
Ermöglicht wurde dies durch die Trennung der Hard- und Software bei Palm, die die Bindung an das Palm OS aufhob.
Im September 2006 endlich ist der Beweis, dass es sich bei all diesen Vorberichten nicht um Gerüchte handelte, käuflich zu erwerben: Der Palm Treo 750v.
Wer bereits vorher einen Treo gesehen hat, den wird das Design nicht unbedingt überraschen: Einzig die fehlende Antenne unterscheidet ihn auf den ersten Blick vom Treo 650, der noch mit Palm OS betrieben wurde. Wer genauer hinschaut, erkennt allerdings recht schnell die kleine Windows-Taste neben dem Steuerkreuz... :-D
Das "v" hinter der Typbezeichnung steht dafür, dass das Gerät momentan exklusiv von Vodafone vertrieben wird, und das lässt viele Anwender zunächst ein wenig zurückzucken: Zu präsent ist vielen Anwendern die "Macke" der Netzbetreiber, die Oberflächen von Soft- und Hardware wild in den eigenen Farben zu verunstalten. Beim Treo 750v hat man sich da extremst zurückgenommen: Nur beim Ein- und Ausschalten des Telefons kommt ein roter Vodafone-Bildschirm, im Normalbetrieb findet man kein Branding. Auf der Hardware ist im silbernen Rahmen um das Display ein kleines Vodafone geprägt, was unauffällig ist, und auf der Rückseite die Vodafone-Träne als erhabener Button eingelassen, was aus meiner Sicht sogar edel aussieht.
Das Gehäuse des 750v ist aus blau schimmerndem Plastik und so gut verarbeitet, dass es keinerlei Wackeln oder Knartschen gibt. Unter dem Display befinden sich neben dem Steuerkreuz und den beiden "Schultertasten", mit denen die in jedem Bildschirm eingeblendeten unteren Menüs bedient werden könne, die beiden Hörertasten, ein Button zum Aufrufen des Startmenüs und einer, der Programme durch Auslösen von "OK" schließt. Drückt man die OK-Taste länger, dann wird automatisch ein Task Manager aufgemacht, mittels dessen man laufende Programme schließen oder zu diesen wechseln kann.
Die darunter liegende Daumentastatur sieht klein aus, und tatsächlich bedarf es einiger Übung, um einigermaßen schnell darauf tippen zu können, nichts desto Trotz bietet sie einen erheblichen Mehrwert, wenn man unterwegs schnell eine Mail oder SMS schreiben will. Die weiß abgesetzten Tasten, auf denen zusätzlich die Ziffern stehen, dienen direkt zur Eingabe von Telefonnummern bzw. der PIN beim einschalten.
Auf der rechten Seite des Geräts befindet sich der Infrarotport und ein miniSD-Slot. Im Gegensatz zu den neuen HTC-Geräten hat Palm darauf verzichtet, einen microSD-Slot (ehemals Transflash) zu verwenden.
Auf der linken Gehäuseseite sind die Lautstärketasten plus eine weiter, konfigurierbare Hardwaretaste, auf die man beispielsweise die Kamera legen kann.
Zwei Palm-typische Eigenarten finden sich oben am Gerät: Mit einem Schalter kann ohne das Einschalten des Gerätes direkt von Klingeln auf Vibration umgestellt werden. Das klingt archaisch, ist in der praktischen Anwendung aber tatsächlich hilfreich: Wie oft bin ich in Meetings von Benachrichtigungen von Mails oder Anrufen aufgeschreckt worden und musste dann das Gerät rausnehmen, einschalten, mit dem Stift auf den Lautsprecher tippen. Beim Treo reicht eine Daumenbewegung, bei der das Gerät sogar noch in der Hemdtasche bleiben kann.
Weniger positiv ist die Verwendung der LED am oberen linken Bildschirmrand. Anfangs hatte ich noch Sorge, sie sei defekt, weil sie mir weder Benachrichtigungen noch den Netzempfang quittierte... bis ich dann herausfand, dass sie nur dann leuchtet, wenn entweder kein Netz zu empfangen ist oder das Gerät geladen wird. Folgerichtig lässt sich in den Benachrichtigungen auch nicht die sonst gewohnte Funktion "LED Blinken" einstellen. Das ist schade, denn so erkennt man verpasste Anrufe oder Termine nicht an der LED, sondern erst beim erneuten Einschalten des Gerätes.
Im Gegensatz zu den Palm-Treos besitzt das quadratische Display keine Auflösung von 320 x 320 Pixeln, sondern die bei Windows Mobile Square Screens übliche Auflösung von 240 x 240. Am Ende muss sich jeder potentielle Käufer Gedanken über die geplante Anwendung des Geräts machen. Wer ein Messaging-Gerät benötigt, mit dem er schnell und komfortabel Mails und SMS schreiben kann, der wird den dadurch kleineren Bildschirm gerne in Kauf nehmen. Wer spielen will, Surfen will, kurz: einen möglichst großen sichtbaren Bereich benötigt, der sollte sich eher für ein anderes Gerät entscheiden. Qualitativ gehört das Display zu einem der besten, die aktuell in vergleichbaren Geräten verbaut werden: Es ist hell und scharf, auch in hellem Sonnenlicht hervorragend lesbar.
In der Praxisanwendung bin ich selbst mehr als zufrieden mit dem Treo750v. Alle Messaging Anwendungen funktionieren einwandfrei, sei es SMS, MMS oder Email. Der Treo ist mit dem AKU2 von Windows Mobile 5.0 ausgestattet, hat damit auch die Push-Funktionalität des Mail and Security Feature Pack (MSFP). Ein wenig gewöhnungsbedürftig, dass der in den anderen Geräten verwendete Connection Manager, in dem alle Drahtlossender wie auch die Datenverbindung und die Push-Funktionalität ein- und ausgeschaltet werden können, nicht verwendet wurde, sondern eine proprietäre Lösung. An der Funktionalität ändert dies aber nichts.
Mit seinem 300MHz-Prozessor, den 128MB ROM und 64MB RAM laufen meine Standardanwendungen (inkl. des Mobile Navigator 5) einwandfrei und ohne Ruckeln, das Gerät reagiert sofort auf Eingaben, etc.
Was aber die Bedienung so deutlich von Konkurrenzprodukten abhebt ist die Tatsache, dass man extremen Wert auf Bedienbarkeit gelegt hat, die auch dem ehemaligen Benutzer eines normalen Mobiletelefons entgegenkommt.
So kann beispielsweise das Telefonmodul durch längeres Drücken der Auflegen-Taste ein- und ausgeschaltet werden, wozu man bei anderen Geräten über mehrere Menüs gehen muss oder sehr gezielt mit dem Stift tippen muss.
Im Heute-Bildschirm ist direkt ein Plugin enthalten, dass bei Drücken von Tasten aus den Kontakten entweder einen passenden Namen sucht oder aber, wenn nur die weißen Zifferntasten gedrückt werden, die entsprechende Rufnummer annimmt. Das spart das manuelle Wechseln in den Telefonbildschirm und ist deutlich schneller als die bei Konkurrenzgeräten verwendete Intellidialer-Funktion.
Drückt man auf die grüne Hörertaste, so werden direkt die 10 zuletzt angewählten Kontakte angezeigt (wie beim normalen Handy die zuletzt gewählten Nummern). Hat ein Kontakt mehrere Nummern, so kann beim Anklicken direkt die gewünschte Nummer ausgewählt werden.
Bekommt man eine Benachrichtigung über eine eingegangene SMS oder Email, so muss bei anderen Geräten erst die Benachrichtigung geöffnet werden, dann über "Anzeigen" in den Posteingang gesprungen werden. Der Treo 750v bietet gleich beide Möglichkeiten an und spart dem Benutzer so Zeit und unnötiges Geklicke. Viele weitere kleine Verbesserungen machen für mich den Treo 750v zum komfortabelsten "Telefon-PDA", der momentan auf dem Markt ist.
Der Treo 750v ist erst der dritte PDA auf dem Markt, der neben GSM und GPRS auch UMTS beherrscht und damit mit hohen Geschwindigkeiten Datenübertragung durchführen kann. Ob man nun im Internet surft (was auch mit dem kleinen Display machbar ist) oder Mails abruft, die Geschwindigkeit ist spürbar höher als bei einem GPRS-Gerät. Vodafone selber hat angekündigt, man wolle zeitnah ein HSDPA-Update auf den Markt bringen, was den "Datenturbo" einschaltet und noch höhere Übertragungsraten erlaubt. Das mag für den Benutzer des Treo alleine nicht überragend interessant sein, wer das Gerät aber in Verbindung mit einem Notebook als Modem verwendet, der wird dies zu schätzen wissen.
Einzig WLAN fehlt dem Treo. Fehlt es ihm? Er hat es zumindest nicht an Bord und lässt somit die Möglichkeit ungenutzt, per VoIP in WLANs günstiger zu telefonieren, das ist sicherlich ein Argument. Subjektiv fehlt es mir persönlich eher nicht: Als starker Datentelefonierer (und damit sicherlich in der Kern-Zielgruppe des Treo) habe ich sowieso einen GPRS/UMTS-Volumenvertrag, der das benötigte Volumen abdeckt. Im "Notfall" kann immer noch durch eine miniSD-WLAN-Karte erweitert werden.
Preis:
ab EUR 299,89 hierFazit:
Ich möchte vermeiden, dass mir ein zu positiver, kritikloser Testbericht unterstellt wird, aber bei diesem Gerät fällt es mir schwer, Kritik zu finden, die nicht eine Konsequenz der Wahl des Geräts ist: Natürlich wäre ein größeres Display schöner, aber dies liegt nun mal in der Natur des Geräts und ist dem potentiellen Käufer direkt offenbar. Verdeckte Mängel vermag ich einfach nicht zu finden... Der 1200mAh Akku hält bei mir (mit ständig stehender GPRS/UMTS-Verbindung) zwei bis drei Tage, ein Wert, der übber dem Durchschnitt liegt, Grösse, Design, Verarbeitung, Funktionalität sind durchdacht und weit über dem Durchschnitt, und so hat mein Treo 750v (eigentlich eher wegen des Exoteneffekts gekauft) schnell meinen XDA Trion als "Stamm-PDA" verdrängt.